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Das Berberpferd

Berber (berberisch ⴰⵢⵉⵙ ⴰⵎⴰⵣⵉⵖ Ayis Amaziɣ) sind eine der ältesten kultivierten Pferderassen des Mittelmeerraums.

Lebensraum

Das Berberpferd ist in Nordafrika in den unterschiedlichsten Klimazonen zu finden: Es wird in den Gebirgsregionen des Atlasmassivs gezüchtet, in der Steppe und sogar in wüstennahen Regionen der Sahelzone. Dementsprechend gibt es dieses extrem widerstandsfähige Pferd in  unterschiedlichen Typen mit differenzierten Anpassungen an die Lebensräume.

Beschreibung

  • Kopf mittelgroß, oft mit konvexer Nasenlinie (Ramskopf)
  • Hals kräftig, eher kurz
  • Schulter flach und steil
  • Widerrist lang und stark ausgeprägt
  • Rücken ist kurz, tragfähig
  • Rumpf von guter Tiefe, eher schmal
  • Kruppe abfallend und rund
  • Schweifansatz tief und eingesteckt
  • Beine hart, zugunsten der Trittsicherheit nicht selten säbelbeinig oder kuhhessig
  • Hufe substanzreich, hart und widerstandsfähig
  • Bewegungen trittsicher und flüssig mit Knieaktion, verschiedentlich Naturtölt
  • Farbe meist Schimmel, seltener Braune, Rappen, Füchse sowie verschiedene Aufhell-Mutationen

Zuchtgeschichte

Der Ursprung des Berbers liegt in Nordafrika. Erste Zeugnisse gerittener Pferde gehen in die Frühgeschichte der Domestikation des Pferdes durch den Menschen zurück. Im Hoggargebirge im Süden Algeriens finden sich Höhlenritzungen von 2200 vor unserer Zeitrechnung. Bereits im antiken Griechenland, später bei den Römern und durch das gesamte Mittelalter waren Pferde aus Nordafrika (zum Beispiel aus Karthago, Phönizien und Numidien) sowie nordafrikanische Söldner höchst begehrteTributgüter, Kriegsbeute und diplomatisches Druckmittel.

Reinzucht

Nordafrikanische Nomaden züchteten Berberpferde als Kriegspferde und Statussymbole, wahrscheinlich betrieben sie sogar Reinzucht. Die Zucht reinblütiger Berber wurde während der französischen Kolonialzeit (1830-1962) unterbunden und durch Zuchtprogramme zugunsten der für das moderne Militär besser geeigneten Araber-Berber ersetzt. In entlegenen Rückzugsgebieten Aufständischer geriet das reinblütige Berberpferd an den Rand des Aussterbens. Heute sind die unverfälschtesten Rassetypen fernab der Staatsgestüte im Hinterland zu finden, wo sie ohne die für europäische Pferdezucht notwendigen Abstammungsnachweise traditionell gezüchtet werden. Die Population reiner Berber ist heute sehr gering, verbindliche Zahlen liegen nicht vor. Optimistische Schätzungen gehen von einem Gesamtbestand von 2500 Pferden weltweit aus.

Im Jahre 1988 wurde die Weltorganisation des Berberpferdes (Organisation mondiale du cheval Barbe (O.M.C.B.)) gegründet, mit dem Ziel, die Restbestände des Berbers zu erhalten und die Rasse zahlenmäßig wieder zu stärken. Dieses Bestreben wurde zunächst von den Ursprungsländern (Algerien, Marokko, Libyen und Tunesien), sowie durch Frankreich unterstützt. Seit 1992 ist auch Deutschland mit dem Verein der Freunde und Züchter des Berberpferdes e.V. (VFZB) Mitglied der O.M.C.B.

Einfluss auf andere Rassen

Alle Kriegspferderassen des Mittelmeerraums stammen direkt von Berberpferden ab. Die meisten der heutigen europäischen Pferderassen tragen mehr oder weniger deutliche Spuren der Veredlung durch Berberpferde im Laufe der letzten Jahrhunderte. Aufgrund der großen Entfernung war es bis ins 20. Jahrhundert ein teures, aufwändiges und gefährliches Unterfangen, Berberpferde in den Norden Europas zu importieren, weshalb sie stets die Pferde der Höhergestellten waren. Zur Verbreitung des Berbers in der ganzen Welt trugen die Mittelmeerhäfen an der nordafrikanischen Küste bei, von denen aus die Pferde über Jahrhunderte verschifft wurden.

Iberische Halbinsel

Die enge, genetisch nachgewiesene Verwandtschaft zwischen dem Berber und den iberischen Rassen ist geschichtlich durch die kulturelle und wirtschaftliche Verbundenheit des Maghreb mit der Iberischen Halbinsel bedingt. Nach der Eroberung der iberischen Halbinsel durch die Mauren (ab 711 n. Chr.) und in den folgenden Jahrhunderten, in denen die Pferdezucht in Al-Andalus blühte, kamen neben zahllosen Berberpferden auch vereinzelt Araberpferde in die Region, die jedoch wenig Einfluss auf die iberische Pferdezucht ausübten.

Amerika

Die ersten Pferde, die nach 1492 in die Neue Welt verbracht wurden, waren Berber und Iberer. Auf ihren Genen gründen sich alle amerikanischen Pferderassen, wie z. B. Mustangs, Criollos, Pasos und Mangalargas.

Italien

Neapolitaner (eine der Begründerrassen der Lipizzaner) entstanden um 1220 in den süditalienischen Gestüten des Staufenkaisers Friedrich II. aus zunächst 12 schwarzen Berberhengsten und Berberstuten nicht näher benannter Anzahl.

Frankreich

Anfang des 17. Jahrhunderts lernte der französische König Ludwig XIII. das Reiten auf einem Berberhengst mit Namen „le Bonite“. Über diese Lehrstunden verfasste sein Stallmeister Antoine de Pluvinel ein bis heute erhaltenes Buch „Le maneige royal – instruction du Roi“.

England

Im 18. Jahrhundert begeisterte sich England zunehmend für Pferderennen und veredelte den dortigen Landschlag mit importierten Berberpferden, um immer schnellere Rennpferde zu züchten. Das Englische Vollblutpferd entstand ursprünglich aus etwa 60 Berberstuten, einem Berber-, einem Turkmenen- und einem Araberhengst (Godolphin Barb, Byerley Turc und Darley Arabian).

Berber-Araber-Kreuzungen

Während der französischen Kolonialisierung Nordafrikas wurden überall in Küstennähe Staatsgestüte und eine Zuchtbuchführung eingerichtet, die sich bis heute erhalten hat. Während dieser Epoche wurden die Berberpferde der Einheimischen empfindlich verändert, weil das französische Militär das Araber-Berberpferd für seine Kavallerie bevorzugte und Nordafrika zu hohen Tributzahlungen solcher Pferde verpflichtete. Flächendeckend wurden syrische Vollblutaraber-Hengste in Hengsststationen aufgestellt und die Bevölkerung wurde angehalten, die Verkreuzung ihrer Pferde zu betreiben. Araber-Berber werden seit 1948 als eigenständige Rasse im Zuchtbuch geführt und wegen ihrer großen Leistungsbereitschaft und Rittigkeit als Freizeit- und Sportpferde geschätzt. Sie gelten als hart und ausdauernd und zeigen mehr oder weniger deutlichen Arabereinfluss. Dieser zeigt sich vor allem im Profil, im feineren Körperbau und im Verlust der Knieaktion.

Verwendung

Alle Reitmeister des 16. bis 19. Jahrhunderts, deren Bücher uns überkommen sind, loben das Berberpferd aufgrund seiner Härte, seines Mutes, seiner schönen Bewegungen und seiner besonderen Eignung für das Tummeln.

Berberpferde werden in Nordafrika heute als Reitpferde für die unterschiedlichen regionalen Interpretationen des Volkssports Fantasia eingesetzt. Gerade auch in Nordafrika zeigen die Besitzer der Berber durch oftmals mit Edelsteinen verziertes Sattel- und Zaumzeug der Tiere ihren Wohlstand. Seltener werden sie als Distanz- und Springpferde oder als landwirtschaftliche Helfer verwendet.

In Europa nutzt man sie vor allem als Freizeitpferde, vereinzelt findet man sie im Western- oder im Distanzsport.

Temperament und Eigenschaften

Die Stärke dieses temperamentvollen und mutigen Tieres liegt in seiner großen Ausdauer und Leistungsbereitschaft. Er ist ein äußerst genügsames und zähes Reit- und Arbeitspferd, das wendig und über kurze Strecken sehr schnell ist. Das Berberpferd ist für eine große Besitzertreue und soziale Bindungsfähigkeit bekannt.

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